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"Herschel" taucht Weltraum in neues Licht Infrarotteleskopie: Bild: Eine Aufnahme von "Herschel" zeigt das Innere einer 1000 Lichtjahre entfernten dunklen Wolke mit einer Sternfabrik im Sternbild Adler Schon im ersten Jahr hat das derzeit größte Weltraumteleskop überraschende Resultate zu bieten: So erspähte es ein unerwartetes "Loch" im Himmel - eine Region, die tatsächlich völlig leer ist. Das Loch sitzt mitten in dem hellen Reflexionsnebel mit der Katalognummer NGC 1999 und wurde bislang für eine dunkle Staubwolke gehalten, die alles sichtbare Licht schluckt. Für "Herschels" empfindliche Infrarotaugen ist solcher kosmische Staub jedoch nicht unsichtbar, deshalb nahmen Forscher um Tom Megeath von der Universität Toledo im US-Staat Ohio die Region ins Visier. Tatsächlich erspähte "Herschel": nichts! Mitten in dem hellen Nebel klafft ein riesiges Loch mit einem Durchmesser zehntausend Mal so groß wie der Abstand der Erde zur Sonne. Die Astronomen rätseln nun, wie es entstanden sein könnte. Möglicherweise hat ein scharfer Materiestrahl eines jungen, gerade entstandenen Sterns das Loch in den Nebel geblasen. Das könnte den Astronomen einen wertvollen Einblick geben, wie junge Sonnen langsam ihre Geburtswolken auflösen. Denn kosmische Wolken wie NGC 1999 sind oft produktive Sternfabriken. In eine solche aktive Sternfabrik spähte "Herschel" im Sternbild Adler und entdeckte dort rund 100 zuvor ungesehene Sternenembryonen, sogenannte Protosterne. Etwa 600 weitere sind im Entstehungsstadium. Die Beobachtungen liefern Erkenntnisse darüber, wie viele Sonnen sich bilden und wie groß sie sind. Auch innerhalb unseres Sonnensystems hat "Herschel" Überraschendes zu bieten. So entdeckte das europäische Weltraumteleskop auf dem äußersten Planeten Neptun Spuren eines Kometeneinschlags, der sich vor rund 200 Jahren ereignet haben muss. Die Astronomen um Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung im niedersächsischen Katlenburg-Lindau schließen das aus der Verteilung von Kohlenmonoxid in der Neptunatmosphäre, die mit "Herschel" sichtbar wird und sich nur durch einen Kometeneinschlag erklären lässt. Hohe Erwartungen an "Herschel"Das Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" würdigt "Herschels" erste Bilanz in einer Sonderausgabe. Das Weltraumteleskop wird noch viel Unerwartetes zeigen, ist sich Astrophysiker Genzel vom MPI sicher. "Die Ergebnisse werden möglicherweise die Interpretationswege in der Astrophysik ändern." So hätten etwa die Vorstellungen von der Sternentwicklung im jungen Kosmos revidiert werden müssen. "Die frühe Bildung und schnelle Sternentstehung in relativ massereichen Galaxien im frühen Universum ist eine ganz erstaunliche Entwicklung, weil sie nicht erwartet worden ist", sagte Genzel. Das im Mai 2009 gestartete Weltraumteleskop der Europäischen Raumfahrtagentur Esa ist mit einem Spiegeldurchmesser von 3,5 Metern derzeit das größte der Welt. Es beobachtet den Himmel im Infrarotlicht, in dem besonders kühle Objekte wie kosmische Staubwolken, entstehende oder verhinderte Sterne zu sehen sind. Um nicht die eigene Wärmestrahlung mit den empfindlichen Infrarotdetektoren zu erfassen, muss "Herschel" selbst tiefgekühlt werden. Da das Kühlmittel nicht unbegrenzt zur Verfügung steht, ist die Lebenszeit des Weltraumteleskops begrenzt. Die Astronomen schätzen, dass "Herschel" etwa dreieinhalb Jahre Aufnahmen senden kann. Das erste halbe Jahr nach dem Start sei fast nur mit technischen Tests belegt gewesen, berichtete Genzel. Deshalb sei man noch ganz am Anfang.
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